Das Gesellschaftsstatut, also die auf eine Gesellschaft anwendbare Rechtsordnung, gehört zu den kompliziertesten Materien des internationalen Privatrechtes. Insbesondere betrifft dies Kapitalgesellschaften, deren Gesellschafter von einer Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen profitieren, die für viele auch erst die Voraussetzung ist, ein Unternehmen zu gründen.
Dieser Vorteil geht aber mit zum Schutz des Handelsverkehrs erforderlichen Publizitäts- und Transparenzpflichten einher, weswegen in der Regel ein staatliches Handelsregister geführt wird. Problematisch ist die Anerkennung der Gesellschaften im Ausland bei dieser national beschränkten Publizität. Selbst in der EU mit ihrem in Teilen harmonisierten Wirtschaftsrecht führt die Feststellung des Gesellschaftsstatuts zu erheblicher Rechtsunsicherheit, auch da die nationalen Gerichte unterschiedliche Methoden zur Bestimmung verwenden (siehe hierzu unseren Artikel „Das Gesellschaftsstatut im internationalen Privatrecht“). Dadurch ist die Gründung von Tochtergesellschaften bzw. Zweigniederlassungen im Ausland häufig mit einem erheblichen Mehraufwand und erheblichen Kosten verbunden; zudem ist nicht nur die Anerkennung durch die ausländische Rechtsordnung, sondern auch die rein tatsächliche Anerkennung durch die ausländischen Geschäftspartner problematisch, was eine Folge der fehlenden Rechtssicherheit ist.
Die EU-Kommission ist bestrebt, diese für Unternehmen, die europaweit operieren wollen, ungünstige Lage zu verbessern. Mit ihrem Vorschlag COM/2014/0212 strebt sie daher gemeinsam mit dem Europäischen Rat den Erlass einer Richtlinie an, die die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten soll, ihr Gesellschaftsrecht zu harmonisieren. Der Vorschlag nimmt dabei Bezug auf die Richtlinien 2009/101/EG und 2006/123/EG, die bereits ähnliche Ziele verfolgten. Die wesentlichen Neuerungen sind:
- Es soll eine einheitliche europäische Form der Kapitalgesellschaft, die Societas Unius Personae geschaffen werden. Diese ist gewissermaßen als GmbH mit einem einzelnen Gesellschafter vorgesehen.
- Das Gründungsverfahren soll, ohne die Rechtssicherheit herabzusetzen, möglichst schnell, unkompliziert und kostengünstig ablaufen; unter anderem soll ein Musterprotokoll vorgesehen werden.
- Das Stammkapital soll auf einen Euro angesetzt werden. Art. 20, 18 sehen Kapitalerhaltungsvorschriften vor, die denen in der GmbH ähneln.
- Die Gesellschaft soll mit Eintragung ins nationale Handelsregister ihre Rechtsfähigkeit erlangen.
- Die Registerinformationen sollen über eine Vernetzung der Register, die bereits mit der RL 2009/101/EG angestrebt war, europaweit zugänglich sein; allerdings nicht nur zum Abruf, sondern auch zur Eintragung. Art. 13 des Vorschlages formuliert das ausdrückliche Ziel, dass eine reine Online-Gründung der SUP möglich ist.
Die oben benannte Problematik soll also durch eine europaweit anzuerkennende Gesellschaftsform, deren Registerinformationen aus ganz Europa einsehbar sind, aufgelöst werden.
Freilich gestaltet sich die Missbrauchsprävention, speziell im Hinblick auf den Gläubigerschutz, schwierig, da eine Vernetzung der Register es sicherlich schwer haben wird, die Kontrollqualität eines nationalen Handelsregisters zu bieten. Daher wird im Entwurfsdokument in der Begründung zu Art. 20 des Entwurfes die Restriktion genannt, dass keine weiteren Geschäftsanteile als der des Gründungsgesellschafters ausgegeben werden dürfen, um volle Zurechenbarkeit zu gewährleisten. Dies erscheint für eine neu gegründete Gesellschaft wenig praktikabel, reduziert aber zumindest nicht wesentlich die Eignung der Rechtsform zur Gründung von Tochtergesellschaften, bei denen betriebliche und nicht kapitaltechnische Aspekte im Vordergrund stehen. Dass diese ratio im Vordergrund steht, zeigt sich auch an der Begründung zu Art. 22, 23 die im Entwurfsdokument niedergelegt ist: hiernach können mehrere Geschäftsführer bestellt werden, die jedoch weisungsgebunden sein sollen, was ausdrücklich der Funktionalität von Unternehmensgruppen zugutekommen soll.
Summa Summarum weist die SUP also erhebliche Ähnlichkeit mit der UG auf. Das Gründungsverfahren ist noch einfacher, dafür wird durch eine stärkere Beschränkung der Möglichkeiten der Gesellschafter dem erhöhten Schutzbedürfnis der Gläubiger Rechnung getragen.
Die Einführung der SPU ist der zweite Versuch dieser Art; ein Vorschlag zur Etablierung einer SPE als europäischer Gesellschaftsform, der im Wesentlichen derselben Problematik Rechnung tragen sollte, ist nicht umgesetzt worden.
Eine Antwort auf „EU-Kommission: Vorschlag zur Erleichterung der Gründung europaweit agierender Unternehmen“