Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft haften den Gesellschaftsgläubigern unmittelbar bis zur Höhe ihrer Einlage, soweit diese nicht geleistet ist. Diese Außenhaftung kann in der Insolvenz der Gesellschaft Probleme im Hinblick auf Darlegungs- und Beweislast sowie die Frage nach der Erforderlichkeit der Inanspruchnahme aufwerfen. Der BGH hat sich in einem Urteil vom 21.07.2020, Az. II ZR 175/19, mit der Außenhaftung eines Kommanditisten beschäftigt.
Sachverhalt
Mit dem Urteil hat der BGH über einen Revisionsantrag gegen ein Berufungsurteil des OLG München (Az. 21 U 3749/18) entschieden, dem ein Urteil des Landgerichtes München II (Az. 2 O 3148/17) vorausging. Der Kläger war Insolvenzverwalter einer KG und hatte vom Beklagten, einem Kommanditisten, die Zahlung von 11.000 € verlangt.
Der Beklagte hatte dem Klägervortrag zufolge Ausschüttungen in Höhe von 18.500 € von der Gesellschaft erhalten, die ihm seinem Geschäftsanteil zufolge nicht zustanden. Sie seien daher als rückgewährte Einlagen zu betrachten, die von der Gesellschaft zurückgefordert werden müssten. Eine Rückzahlung durch den Beklagten war bereits in Höhe von 7.500 € erfolgt. Die ausstehenden 11.000 € macht der Insolvenzverwalter nach §§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 2 klageweise geltend.
Hiergegen wendet der Beklagte ein, dass die Insolvenzmasse die Gläubigerforderungen bereits decke und sogar erheblich überschreite („Masseübererlös von mehr als 1 Mio. Euro“). Damit sei seine Inanspruchnahme nicht erforderlich und es bestehe kein Anspruch gegen ihn.
Entscheidung und Gründe
Das LG München II hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten wurde vom OLG München zurückgewiesen. Der BGH hat der Revision des Beklagten stattgegeben und das Urteil ans OLG zurückverwiesen. Diese Entscheidung wurde von Folgenden Gründen und Ausführungen getragen:
- Wenn die Insolvenzmasse ausreicht, um alle Gläubigerforderungen zu decken, ist ein Kommanditist auch dann nicht in Anspruch zu nehmen, wenn er seine Einlage nicht vollständig geleistet hat. Die Gesellschafter einer Personengesellschaft haften gesamtschuldnerisch, und die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt für alle, wie aus §§ 422 Abs. 1, 362 BGB ergibt. Es ist daher egal, woher das Geld für die Befriedigung der Gläubiger kommt, solange die Forderung bedient wird. Ausgleichsansprüche der leistenden Gesellschafter sind höchstens im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern nach § 426 BGB denkbar. In diesem Punkt hatte der Beklagte Recht.
- Die Beweislast für die Überdeckung liegt allerdings beim Kommanditisten (so bereits BGH II ZR 54/77). Der Insolvenzverwalter muss nur die Tatsachen darlegen, die die nicht gedeckte Forderung als gegeben erscheinen lassen. In der Insolvenztabelle widerspruchslos eingetragene Forderungen können vollstreckt werden, als läge ein gerichtlicher Titel über sie vor, wie aus § 202 Abs. 2 InsO hervorgeht. Wenn die Forderungen tatsächlich nicht gedeckt sind, kann der Kommanditist wegen dieser rechtskraftähnlichen Wirkung keine Einwendungen mehr erheben, wie der BGH auch in einem Urteil vom 20.02.2018, Az. II ZR 272/16, festgestellt hat.
Zur Aufhebung und Zurückverweisung des Urteils nach §§ 562, 563 ZPO führte der BGH aus:
„Das Berufungsgericht hat danach den Einwand der Beklagten, die Insolvenzmasse decke nur deswegen nicht die Gläubigerforderungen, hinsichtlich derer eine Haftung der Kommanditisten bestehe, weil der Kläger Verbindlichkeiten beglichen habe, für die eine Haftung der Kommanditisten nicht bestehe, zu Unrecht für unerheblich angesehen.“
Da hierüber keine Feststellungen getroffen wurden, war die Sache noch nicht entscheidungsreif. Der Beklagte kann sich deswegen auf diesen Einwand berufen, weil Ein- und Ausgang von Zahlungen betreffend die Insolvenzmasse nur vom Insolvenzverwalter überblickt wird. Daher erstreckt sich die Beweislast des Beklagten nicht auf diesen Punkt.
Fazit
Die rechtskraftähnliche Wirkung der Insolvenztabelle führt zu einer umfassenden Beweislast für Gesellschafter, deren Einlagen nicht gezahlt sind. Ihre Grenzen hat die Beweislast nur dort, wo der Beweis ausschließlich dem Insolvenzverwalter möglich ist, der in der Insolvenz die Rechte der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern ausübt.