Christoph Heuermann im Interview: Internationale Gesellschaftsgründung

Unternehmensrecht Aktuell hat Christoph Heuermann, Gründer des Blogs Staatenlos, zu seiner Arbeit im Bereich der internationalen Unternehmensberatung, speziell in Zeiten der Corona-Pandemie befragt.

Unternehmensrecht Aktuell: Hallo Christoph, wir freuen uns, dass wir dich als Gründer von Staatenlos für dieses Interview gewinnen konnten. Kannst du Staatenlos bitte zunächst einmal kurz vorstellen? Was macht ihr? Welche Leistungen bietet ihr an und wer sind eure Mandanten?

Christoph Heuermann: Staatenlos ist einer meiner Blogs zum Thema Flaggentheorie. Es geht quasi darum, wie man sich weltweit als Unternehmer/Investor/Selbstständiger möglichst optimiert und freiheitlich aufstellen kann. Wie man Firmen gründen, Bankkonten eröffnen, eine zweite Staatsbürgerschaft erlangen, auswandern kann und viele weitere Themen. Staatenlos habe ich auf Deutsch vor sechs Jahren gegründet. Mittlerweile gibt es den Blog auch in Englisch, Spanisch und Französisch. Der Fokus liegt allerdings immer noch im deutschsprachigen Raum. Ich habe auch diverse Bücher geschrieben, veröffentlicht, mehrere Videokurse und viele andere Produkte in dem Bereich.

Meine Zielgruppe ist sehr heterogen. Meine Leistungen richten sich vor allem an ortsunabhängige Unternehmer und selbstständige Investoren, die nicht einmal unbedingt auswandern, wollen aber ihr Vermögen schützen und Steuern minimieren wollen. Der wichtigste Punkt ist meistens eben Steueroptimierung, aber es geht auch in Bereiche rein wie Vermögensschutz, Stiftungen, Genossenschaften über vielfältige andere Themen wie Freilernen für die Kinder, Reisen oder Versicherungen. 

Was unterscheidet Staatenlos von einer herkömmlichen Steuerberatung? Welche Vor- und Nachteile bietet das euren Mandanten?

Ich sage mal ein bisschen salopp, ich kenne mich mit allen Ländern auf der Welt zu 90 % aus, die halbwegs attraktiv sind und für die restlichen 10 % habe ich meine Steuerberater und Anwälte. Während sich der typische Steuerberater zu 99 % nur mit ein oder zwei Ländern auskennt – was heute leider zu wenig ist. Außerdem kennt er sich bloß mit Steuern aus und nicht mit den ganzen anderen Sachen, die relevant sind. Zum Beispiel ist für den typischen Online-Unternehmer auch wichtig, welche Banken gut sind, welche Zahlungsdienstleister ich verwenden kann und einen Haufen anderer Regulierungen, wo man eben interdisziplinär für aufgestellt sein muss. Der eine Punkt dazu ist die Unabhängigkeit – auch was Lösungen angeht. Die meisten Leute gehen dann zum Beispiel zu einem Steuerberater, der in Zypern oder Malta sitzt. Der hat dann vielleicht Ahnung von diesen Ländern, vielleicht auch von Deutschland, aber die Leute kriegen dann natürlich nur das Zypern-Modell verkauft, obwohl das Zypern-Modell vielleicht gar nicht das beste für sie ist. Nicht schlecht, aber eben auch nicht das beste, und ich kann mir halt alle Länder der Welt anschauen und kann dann ganz unparteiisch sagen, welches das Beste ist.

Wenn wir jetzt mal auf die Situation in Deutschland eingehen, fehlt es bei den deutschen Steuerberatern oft an Grundwissen, wie man sich vernünftig strukturiert. Die Ausbildung zum Steuerberater ist quasi eine Ausbildung zum Erfüllungsgehilfen des Finanzamtes, der eben aus Sicht des Finanzamtes und nicht als Berater für den Kunden ausgebildet wird. Es gibt einige gute Steuerberater, aber es gibt eben auch viele, die nicht Berater, sondern einfach nur Verwalter sind. Ich mache nicht diese klassische Steuerberatung mit Buchhaltung etc. Ich würde es eher Unternehmens- und Lifestyleberatung nennen, oder auch Steuerfreiheitsberatung.

Wann und warum hast du dich entschieden, Staatenlos zu gründen? Welchen Ausbildungshintergrund hast du selbst bzw. woher kommt deine Affinität für steuerrechtliche Fragen?

Ich habe Staatenlos direkt nach dem Studium gegründet, wobei mein Studium nicht so viel damit zu tun hatte. Ich habe damals Politik und Verwaltungswissenschaften studiert in Konstanz am Bodensee und das geht natürlich ein bisschen in die Richtung, hat aber fachlich nicht unbedingt etwas damit zu tun. Ich habe mich selbst fortgebildet, im Prinzip ist ein Großteil der Information ja auch öffentlich abrufbar. Man muss es halt nur verstehen, connecten können und natürlich auch viel Dinge auswendig lernen oder zumindest wissen, wo man sie sich anschauen kann. Das hat bei mir natürlich auch ne zeitlang gedauert, ich habe vor fünf Jahren, als ich mit der Beratung angefangen habe, noch längst nicht so ein Wissen gehabt, wie ich es heute habe, und solche Dinge wie Doppelbesteuerungsabkommen noch nicht sofort durchschaut.

Es geht ja nicht nur um steuerrechtliche Fragen, es geht darum, Sachen zu hacken, zu optimieren aus allen Bereichen, und da bietet das Steuerrecht oder das Unternehmensrecht generell natürlich sehr viele Möglichkeiten. Aber beispielsweise auch Reiseoptimierung und die ganze Selbstoptimierungsschiene natürlich.

Eine der Dienstleistungen, die ihr anbietet, ist die Gründung von Firmen in über 30 Ländern. Was macht diese Dienstleistung so besonders?

Also ich selbst gründe ja nicht in über dreißig Ländern, in den meisten Ländern braucht man immer noch Anwälte oder eben Leute mit Niederlassung vor Ort, die eine Firma gründen. Die Gründung selbst nehme ich eigentlich nur in den USA vor, weil es dort relativ unkompliziert ist, ohne eine anwaltliche Zulassung zu haben. Ich betreue das natürlich aus der Ferne und habe die Möglichkeit einzugreifen, wenn es Probleme gibt. Ich habe nicht viele Angestellte vor Ort, ich habe einige Freelancer, die für mich arbeiten. Entscheidend ist, dass es eben einen Punkt gibt, wo man in dem Fall die LLCs anmelden kann. So in der Art bin ich auch in einigen anderen Ländern aktiv, wo dann eben gute Freunde von mir vor Ort arbeiten, z.B. in Georgien, die dann die Unternehmen gründen oder Bankkonten eröffnen. Mein Arbeitsalltag besteht im Wesentlichen aus Beratungen, relativ vielen Beratungen sogar, Anfragen beantworten, gelegentlich verfasse ich auch neue Blog-Artikel. 

Welche Länder sind aktuell deine Favoriten bzw. wo kannst du Firmengründungen besonders empfehlen? Welche Faktoren ziehst du hierbei im Allgemeinen zurate?

Das kommt immer auf den Kunden und seine Situation an. Letztendlich geht es natürlich nicht um Steuerhinterziehung, sondern um legale Steuervermeidung. Wenn jemand jetzt in Deutschland wohnt, gibt es da halt nur beschränkte Möglichkeiten. Es gibt natürlich Möglichkeiten, aber beschränktere als wenn sich jemand abmeldet und auswandert. Am Populärsten, weil ich es eben auch direkt anbiete, sind amerikanische LLCs, weil man da einfach und mit relativ guter Reputation buchhaltungsfrei agieren kann und sich die Amerikaner nicht wirklich für deine Firma interessieren. Deswegen wickele ich darüber auch selbst meine Geschäfte ab, die Rechtsform gibt es in praktisch allen englischsprachigen Ländern.

Und nun noch eine Frage zum Abschluss: Siehst du in digitalisierten und internationalen Steuerberatungskonzepten auch für kleine und mittelständische Unternehmen bzw. sogar für Selbstständige die Zukunft oder wird das auch weiter nur ein relativ kleiner Markt bleiben?

Ich glaube, der Markt wächst beträchtlich, ich habe jedenfalls dieses Jahr, seit Corona, deutlich mehr zu tun als vorher. Das ist ein wenig kontraintuitiv, man würde jetzt denken, man kann aktuell gar nicht mehr auswandern. Aber eben, weil sich jetzt so viele Unternehmen zwangsdigitalisieren mussten, und so viele Leute jetzt von zu Hause arbeiten müssen, die jetzt auch nicht mehr zurück in ihr Büro wollen, wird die Anzahl der digtalen Nomaden bzw. unabhängigen Unternehmer stark steigen. Und viele Staaten werden sich auf diese Leute ausrichten und darauf mit Visa- und Steuererleichterungen reagieren.

Herzlichen Dank für das Interview!