Bundesregierung: Gesetzesentwurf zur Stärkung der Finanzmarktintegrität

Das Bundesministerium für Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz haben einen Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegriät (FISG) vorgelegt (Fassung vom 16.12.2020). Vermutlich in Reaktion auf den Wirecard-Skandal soll dieses Gesetz sowohl die externe als auch die interne Bilanzkontrolle von börsennotierten Unternehmen stärken.

Zielsetzung

Der Begründung des Gesetzesentwurfes lässt sich als Zielsetzung entnehmen, die Bilanzkontrolle von Unternehmen zu verbessern, die am Kapitalmarkt (ob als Emittenten oder Händler) teilnehmen. Hervorgehoben wird die Wichtigkeit, Anleger zu schützen, indem Misswirtschaft und kriminelle Aktivitäten (Geldwäsche, Steuerhinterziehung) effektiv unterbunden werden. Dies dient zum Einen dem Schutz des Vermögens der Anleger, zum anderen dem Schutz des Vertrauens in den Kapitalmarkt insgesamt.

Maßnahmen

Im Wesentlichen enthält der Gesetzentwurf folgende Neuerungen:

  1. Die Integrität der BaFin soll dadurch gestärkt werden, dass ihren Bediensteten der Handel mit bestimmten Finanzprodukten untersagt wird, § 11a FinDAG n.F.
  2. Die BaFin soll hoheitliche Maßnahmen wie die zwangsweise Anordnung von Bilanzprüfungen (vgl. auch §§ 88, 107 WpHG n.F.) bereits beim bloßen Verdacht bilanzlegungstechnischer Unstimmigkeiten ausüben können. Die Kompetenzen der BaFin werden darüber hinaus dahingehend erweitert, dass sie in Verdachtsfällen auch unmittelbar gegen Auslagerungsunternehmen von Kreditdienstleistern im Sinne von § 1 Abs. 10 KWG n.F. vorgehen kann. Zu den Auslagerungsunternehmen gehören alle dritten Unternehmen, die für die betreffende Kreditanstalt Geschäfte besorgen, die typischerweise in den Tätigkeitsbereich einer Kreditanstalt fallen. Kreditanstalten werden zur Führung eines Registers über Auslagerungsunternehmen verpflichtet, § 25b Abs. 1 KWG n.F. Nahezu alle Restriktionen hinsichtlich Abruf und Übermittlung von Informationen werden für die BaFin aufgehoben (vgl. §§ 88 ff. WpHG n.F.).
  3. Die Jahresabschlussprüfung (durch externen Prüfer vorzunehmen) wird bei Unternehmen von öffentlichem Interesse verschärft. Der Begriff des Unternehmens von öffentlichem Interesse wird von § 316a HGB n.F. folgendermaßen umschrieben: Kapitalmarktorientierte Unternehmen im Sinne von § 264d HGB, Kreditunternehmen im Sinne von § 1 Abs. 3d S. 1 KWG, Versicherungsunternehmen im Sinne von Art. 2 Abs. 1 RL-91/674/EWG.
  4. Vorgeschrieben wird in diesem Zuge ein Wechsel des externen Bilanzprüfers, der den Jahresabschluss börsennotierter Gesellschaften prüft, nach spätestens zehn Jahren. Zudem gelten ständige Berater der Gesellschaften nicht als externe Prüfer, sodass diese Funktionen, stärker als zuvor, personell getrennt werden müssen.
  5. Die Straf- und ordnungsrechtliche Haftung der Bilanzprüfer sowie der unternehmensintern Verantwortlichen wird erheblich verschärft. Dies gilt sowohl für den drohenden Sanktionsrahmen als auch für die inhaltliche Reichweite der Sanktionsnormen. Hervorzuheben ist etwa § 405 Abs. 3c AktG n.F., nachdem bereits der Vorschlag der Bestellung (nach EU-VO Nr. 537/2014) untauglicher Prüfer gegenüber der Hauptversammlung bußgeldbewehrt ist. Aufsichtsräte eines Unternehmens von öffentlichem Interesse unterliegen mithin der Pflicht, die zu bestellenden Bilanzprüfer bereits vor der Hauptversammlung zum Jahresabschluss persönlich zu prüfen.
  6. Börsennotierte Gesellschaften werden zur Einrichtung eines internen Kontrollsystems zur Sicherung korrekter Bilanzen verpflichtet, verantwortlich hierfür ist der Vorstand, § 91 Abs. 3 AktG n.F. Betreibt die Gesellschaft ein Unternehmen von öffentlichem Interesse (s.o., § 316a HGB n.F.), muss zudem die Sachkunde mindestens eines Aufsichtsratsmitgliedes im Bereich Rechnungslegung und Abschlussprüfung sichergestellt werden. § 107 Abs. 4 AktG n.F. ordnet noch weitergehende Pflichten des Aufsichtsrates zum Einrichten eines ständigen Prüfungsausschusses an.
  7. Der Datenaustausch zwischen verschiedenen Behörden wird gestärkt, sodass etwa die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen nach § 31b Abs. 2a, 2b AO n.F. automatisch die Daten erhält, die der Bundeszentrale für Steuern vorliegen, sowie weitere Daten aus der Betriebserfassung (Steuernummer, Umsatzsteuer-ID, Bankverbindungen etc.) von den Landesfinanzbehörden.

Fazit

Der Entwurf für das FISG enthält einschneidende Änderungen im Hinblick auf die Abschlussprüfung börsennotierter Unternehmen sowie insbesondere auf die Eingriffsschwelle, ab der die zuständigen Aufsichtsbehörden tätig werden können. Ob das FISG in der vorliegenden Fassung verabschiedet wird, lässt sich derzeit nicht absehen, es empfiehlt sich allerdings, dieses Gesetzgebungsverfahren genau im Auge zu behalten.